Abschnittskontrolle statt Blitzer

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Abschnittskontrolle statt Blitzer: Beitrag zur Verkehrssicherheit oder Datenschutzverstoß?

Die abschnittsbezogene Tempokontrolle auf der niedersächsischen Bundesstraße 6 ist rechtmäßig. Mit dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juli 2020 (Aktenzeichen 3B 4/20), eine Revision nicht zuzulassen, ist das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg aus November 2019 (Aktenzeichen 12 LC 79/19) rechtskräftig. Die nun herrschende Rechtssicherheit könnte andere Bundesländer ermutigen, ebenfalls auf den Langstrecken-Blitzer anstelle punktförmiger Überwachung zu setzen. Dazu müssen sie aber die Rechtsgrundlagen anpassen. Sicherheitsexperten begrüßen das neue Verfahren.

Darum ging es in dem Rechtsstreit

Seit Dezember 2018 betreibt die Polizeidirektion Hannover auf der autobahnähnlich ausgebauten B 6 zwischen den Anschlussstellen Gleidingen und Rethen in nördlicher Fahrtrichtung eine stationäre Anlage zur Geschwindigkeitsüberwachung. Beim Passieren der ersten Messstelle wird durch einen Laserscanner die Fahrzeugklasse (zum Beispiel Pkw oder Lkw) bestimmt, das hintere Kennzeichen fotografiert und die genaue Durchfahrtszeit erfasst. Am Ende des 2,2 Kilometer langen Abschnitts gibt es ein zweites Foto mit Zeitstempel. Aus der Zeitdifferenz lässt sich die durchschnittliche Geschwindigkeit berechnen. Liegt sie – nach Abzug üblicher Toleranzen – im erlaubten Bereich, werden die Fotos gelöscht. War das Tempo zu hoch, wird ein drittes Foto wie bei normalen Blitzern von vorn aufgenommen, damit der Fahrer identifiziert werden kann. Auf die Abschnittskontrolle wird durch ein Verkehrsschild hingewiesen. Die zuständige Behörde hat außerdem die in § 50 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes (NDSG) geregelten Transparenz- und Informationspflichten erfüllt.

Die Klage richtete sich gegen das anlasslose Erfassen geschützter Daten. Der Kläger sah sich dadurch in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt, da aus den Daten Bewegungsprofile erstellt werden können. Mit dieser Rechtsauffassung unterlag er sowohl vor dem Verwaltungsgericht Hannover als auch vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg. Unter den genannten Voraussetzungen – Kenntlichmachen er Kontrolle, Fotos zeigen keine Insassen, ohne Verstoß sofortige Löschung – ist die Abschnittskontrolle datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden.

Das sagen Verkehrssicherheitsexperten

Im Ausland gibt es langjährige positive Erfahrungen mit Abschnittskontrollen. In Schottland wird beispielsweise eine 220 Kilometer lange Strecke auf diese Weise überwacht. Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat hatte bereits 2010 einen Vorstandsbeschluss zugunsten eines entsprechenden Modellversuchs gefasst. Die Erfahrungen aus Niedersachsen sind positiv: Der Verkehrsfluss verbessert sich, gefährliche Bremsmanöver vor ortsfesten oder mobilen Radaranlagen werden vermieden, die Mehrheit der Autofahrer empfindet die Abschnittskontrolle als fair. Allerdings sind die erforderlichen Anlagen aufwendig und teuer. Sie werden die gezielte Überwachung von Unfallbrennpunkten nicht ablösen.

Zu Unrecht geblitzt?

Auch bei Abschnittskontrollen sind Mess- und Rechtsfehler möglich, zum Beispiel durch unzureichende Fotos, nicht geeichte Anlagen oder fehlerhafte Beschilderung. Suchen Sie deshalb anwaltliche Hilfe, wenn Sie sich wegen Geschwindigkeitsverstößen zu Unrecht belangt fühlen.